Deutsche Gesellschaft
für phänomenologische Forschung

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149123

Nähe des Nächsten

Stephan Strasser

pp. 285-302

Abstrakt

Wir haben uns davon überzeugt, daß Levinas den alt-ehrwürdigen Begriff der sinnlichen Empfindung einer Umdeutung unterzogen hat. Wir wissen, daß ihm die Empfindung nicht als derkleinste Baustein gilt, aus dem das Gebäude der Erkenntnis errichtet wurde, auch nicht als die subjektive Materie der Erscheinung im Kantischen, nicht als die sinnliche Hyle im Husserlschen Sinne. Für Levinas bedeutet Empfindung den konkreten Kontakt des Empfindenden mit dem Empfundenen und alles, was sich aus diesem Kontakt ergeben kann: Genuß, Schmerz, Verwundbarkeit, Preisgegeben-sein — primär aber Verwundbarkeit durch den Anderen und Preisgegeben-sein an den Anderen. Der Begriff der Empfindung, den die Philosophen bisher im Zusammenhang mit der erkenntnistheoretischen und ontologischen Problematik verwendet haben, wird auf diese Weise in einen sozialen und ethischen Diskurs eingegliedert. Er verliert hier seine kühle Neutralität und empfängt humane Bedeutung. Wir werden sehen, daß Levinas mit dem Begriff der "Nähe" in ähnlicher Weise verfährt.

Publication details

Published in:

Strasser Stephan (1978) Jenseits von Sein und Zeit: Eine Einführung in Emmanuel Levinas' Philosophie. Dordrecht, Springer.

Seiten: 285-302

DOI: 10.1007/978-94-009-9721-9_11

Referenz:

Strasser Stephan (1978) Nähe des Nächsten, In: Jenseits von Sein und Zeit, Dordrecht, Springer, 285–302.