Klaus Held ist am 6. Dezember 2023 nach langer Krankheit verstorben. Nach seiner zum Klassiker gewordenen Dissertation Lebendige Gegenwart (Den Haag 1966) wurde er an der Universität zu Köln Assistent bei Ludwig Landgrebe, wo er sich 1970 mit einer Arbeit über Heraklit, Parmenides und der Anfang von Philosophie und Wissenschaft (Berlin 1980) habilitierte. Nach einigen Jahren auf einer Professur in Aachen erfolgte 1974 der Ruf an die damals neu gegründete Bergische Universität Wuppertal, wo er bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2001 tätig war.
Klaus Helds Lebensthema war die Welt, sie war es in der Philosophie ebenso wie im praktischen Leben. Er hat das Philosophische Seminar in Wuppertal aufgebaut und dort den starken phänomenologischen Schwerpunkt etabliert, der bis heute besteht. Von 1987 bis 1994 war er Präsident der Deutschen Gesellschaft für phänomenologische Forschung, deren Ehrenmitglied er bis zuletzt war. Über mehrere Generationen hinweg hat er Phänomenologinnen und Phänomenologen aus aller Welt ausgebildet, wovon seine zahlreichen Schülerinnen und Schüler in Europa, Südostasien und Südamerika, aber auch in vielen anderen Teilen der Welt, sowie seine internationalen Gastprofessuren, zeugen. Exemplarisch dafür stand auch das Graduiertenkolleg „Phänomenologie und Hermeneutik“ (1992-1998) in Kooperation mit Bernhard Waldenfels (Bochum). Als hervorragender Pädagoge, dessen Einführungen in Husserls Denken bis heute zu den Klassikern gehören, verstand er es meisterhaft, im Ausgang von der Untersuchung scheinbar einfachster Erfahrungen zu den tiefsten Fragen der Philosophie vorzudringen.
Phänomenologie war für Klaus Held „Phänomenologie der Welt“. Inspiriert von der antiken Philosophie, von Husserl und von Heidegger entwickelte er eigene Perspektiven auf eine Phänomenologie der politischen Welt (Frankfurt 2010), eine Phänomenologie der natürlichen Lebenswelt (Frankfurt 2012), Reflexionen zu Europa und die Welt. Studien zur welt-bürgerlichen Phänomenologie (Sankt Augustin 2013) sowie eine „phänomenologische Vergegenwärtigung“ auf Die Geburt der Philosophie bei den Griechen (Freiburg/München 2022). Selbst in Der biblische Glaube. Phänomenologie seiner Herkunft und Zukunft (Frankfurt 2018) geht es um die Frage nach der Welt und wie in ihr der Glaube an einen monotheistischen Gott entstehen konnte. Noch in hohem Alter hat er sich mit den Herausforderungen unserer Zeit befasst, so etwa in Zeitgemäße Betrachtungen (Frankfurt 2017) oder in dem Marbach-Bericht über eine neue Sichtung des Heidegger-Nachlasses (Frankfurt 2019), mit dem er sich auf besonnene Weise für Klärung in der Debatte um Heideggers „Schwarze Hefte“ einsetzte.
Die Deutsche Gesellschaft für phänomenologische Forschung trauert um einen hochgeschätzten Kollegen, Lehrer und Freund, dessen Wirken in vielen ihrer Mitglieder lebendig ist.
9.12.2023
Sophie Loidolt, Inga Römer, Gerhard Thonhauser
(Präsidium)