Deutsche Gesellschaft
für phänomenologische Forschung

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149490

Vernunft und Lebenswelt

Werner Marx

pp. 45-62

Abstrakt

In "Wahrheit und Methode" erörtert H.-G. Gadamer Paradoxien, die in Husserls Spätphilosophie liegen.1 Auch unsere Untersuchung will Sachverhalte der "Wissenschaft von der Lebenswelt" behandeln, die paradox zu sein scheinen. Einerseits ist sie als Phänomenologie die Vollendungsgestalt menschlichen Seins, weil sie die von allen Abzweckungen (Hu VII, 203) befreite Vernunft, der logos ist; andererseits gilt dieser Wissenschaft allem Anschein nach gerade der Bereich der doxa2, die wesenhaft nicht vernünftige, zweckgebundene Lebenswelt als das Ursprüngliche, Echte und Vollkommene, in diesem Sinne Heile. Einerseits vollzieht sie sich in radikal methodischer Desintcres- siertheit am praktischen Leben und an der "Gemüts- und Willenssphäre" (Hu VII, 294), andererseits hat sie anscheinend ein "Lebensinteresse" daran, praktisch auf das europäische Menschentum einzuwirken, um es aus der jetzt waltenden Krisis zu erretten. Ist Husserl, der doch bis zuletzt3 für die universale Herrschaft der Vernunft gekämpft hat, dennoch — ihm selber vielleicht unbewußt — den Tendenzen seiner Zeit, die Vernunft in Frage zu stellen, gefolgt?

Publication details

Published in:

Marx Werner (1970) Vernunft und Welt: Zwischen Tradition und anderem Anfang. Dordrecht, Springer.

Seiten: 45-62

DOI: 10.1007/978-94-010-3243-8_3

Referenz:

Marx Werner (1970) Vernunft und Lebenswelt, In: Vernunft und Welt, Dordrecht, Springer, 45–62.