Deutsche Gesellschaft
für phänomenologische Forschung

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199411

Ein Ausflug nach Österreich

René König

pp. 380-381

Abstrakt

Als ich mich in Zürich bereits einigermaßen etabliert hatte, luden mich mein alter danziger Freund Edmund Goldberger und seine Frau, die aber damals schon in London lebten, ein, einige Tage in Zürs im Vorarlberg mit ihnen zu verbringen, wo die beiden leidenschaftlichen Skiläufer ihrem Lieblingssport nachgingen. Ich nahm mit Freuden an, hatte ich doch gerade meine Habilitation in Zürich gut überstanden, Anfang des Sommer-Semesters 1938 sollte ich mit Vorlesungen beginnen. Jetzt war noch tiefer Winter und überall lag hoher Schnee. Während meines Aufenthaltes in Zurs kamen zwar beunruhigende Nachrichten über eine eventuelle Besetzung Österreichs durch Hitler, aber niemand nahm das so recht ernst, obwohl schon viele andere überraschende Handlungen Hitlers vorausgegangen waren. Am 12. März 1938 wurde es aber Wirklichkeit, was niemand erwartet hatte. Es hatte die ganze Nacht vorher heftig geschneit und Zürs wie die Straße zur Talstation am Ende des Arlbergtunnels waxen stellenweise fast zwei Meter hoch eingeschneit. Dazu muß ich nun hinzufügen, daß Hitler den Deutschen mit einem Stempel im Paß alle Reisen nach Österreich verboten und unter Strafe gestellt hatte (die berühmt-berüchtigte 1000-Mark Steuer). Wenn die Deutschen jetzt einmarschierten, war ich also schon wieder in ihrer Hand und in unmittelbarer Gefahr wie vor genau einem Jahr bei meiner Flucht aus dem Deutschen Reich.

Publication details

Published in:

König René (1999) Autobiographische Schriften: Leben im Widerspruch — Versuch einer intellektuellen Autobiographie. Nebenbei geschehen — Erinnerungen. Texte aus dem Nachlaß, ed. König Mario; König Oliver. Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften.

Seiten: 380-381

DOI: 10.1007/978-3-322-80859-2_28

Referenz:

König René (1999) Ein Ausflug nach Österreich, In: Autobiographische Schriften, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften, 380–381.