Deutsche Gesellschaft
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218428

Die Besiegelung des Einparteienstaates

Wolfgang SauerGerhard SchulzKarl Dietrich Bracher

pp. 169-219

Abstrakt

Mit dem Ermächtigungsgesetz hatte Hitler sich nicht nur vom Reichstag und von der-parlamentarischen Kontrolle, sondern auch vom Reichspräsidenten unabhängig gemacht. Die wichtigsten Sicherungen der deutschnationalen Einzäunungspolitik waren damit gefallen. Denn nun bedurfte es nicht länger des Rückgriffs auf jenen Artikel 48, der die Notverordnungspolitik der vergangenen Jahre eng an den Willen Hinden-burgs geknüpft hatte; nicht länger brauchte man sich der präsidialen Verordnungsmacht zu bedienen. Damit war Hindenburg recht eigentlich schon jetzt ausgeschaltet. Daß er noch länger als ein Jahr lebte, mochte unbequem sein; ein ernsthaftes Hindernis für die Vollendung der Machtergreifung bedeutete es nicht mehr. Ihr weiterer Gang auf den verschiedenen Gebieten des öffentlichen wie halböffentlichen Lebens ist durch die stetig verschärfte Gleichschaltungspolitik bestimmt, die in diesen Wochen von den Länderregierungen über Verwaltung und Beamtenschaft auf sämtliche sozialen und wirtschaftlichen Verbände und Organisationen übergriff. Auch sie hatte schon im Februar begonnen und ihren ersten Höhepunkt mit der Machtergreifung in den Ländern im März erreicht; durch die Gleichschaltungs- und Beamtengesetze des April besiegelt, mündete sie in die Zerschlagung der Gewerkschaften, die Gleichschaltung der wirtschaftspolitischen Organisationen und die Auslöschung aller nicht-nationalsozialistischen Parteien.

Publication details

Published in:

Bracher Karl Dietrich, Sauer Wolfgang, Schulz Gerhard (1960) Die nationalsozialistische Machtergreifung: Studien zur Errichtung des totalitären Herrschaftssystems in Deutschland 1933/34. Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften.

Seiten: 169-219

DOI: 10.1007/978-3-322-96204-1_4

Referenz:

Sauer Wolfgang, Schulz Gerhard, Bracher Karl Dietrich (1960) Die Besiegelung des Einparteienstaates, In: Die nationalsozialistische Machtergreifung, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften, 169–219.