Deutsche Gesellschaft
für phänomenologische Forschung

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149520

Natürliche und phänomenologische Einstellung

Antonio A Aguirre

pp. 3-30

Abstrakt

Durch die phänomenologische Reduktion will Husserl die Philosophie als eine "universale Wissenschaft aus absoluter Rechtfertigung"1 begründen. Die Philosophie soll auf diese Weise den "Radikalismus wissenschaftlicher Selbstverantwortung"2 wiedererlangen oder auch erstmals erlangen, der zwar seit Platon als grundlegendes Wesensmerkmal jeder echten Wissenschaft galt, jedoch weder von einer der Wissenschaften im normalen, positiv-dogmatischen Sinne noch von der Philosophie jemals erreicht wurde. Der "Geist des Radikalismus",3 des "Radikalismus des Letzten",4 der nach Husserl die Ursprünge des philosophisch-wissenschaftlichen Denkens beseelte, das, was "Wissenschaft zur Wissenschaft macht", ist verlorengegangen.5 Weil die Wissenschaften diesen ihren Ursprung vergessen haben und dadurch sinnentleert geworden sind, sind sie zu Spezialwissenschaften geworden: "Die Wissenschaft ist in der spezialwissenschaftlichen Form zu einer Art theoretischer Technik geworden, die, wie die Technik im gewöhnlichen Sinne, viel mehr auf einer in der vielseitigen und vielgeübten praktischen Betätigung selbst erwachsenden ,praktischen Erfahrung' beruht…als auf Einsicht in die ratio der vollzogenen Leistung".6 Die "vollzogene Leistung" ist die wissenschaftliche Erkenntnis selbst, allgemeiner: die Tätigkeit des Erkennens überhaupt. Was Wissenschaft zur Wissenschaft macht, ist nach Husserl die erkenntniskritische Rechtfertigung der Erkenntnis,7 die Erkenntnistheorie oder Theorie der Vernunft.

Publication details

Published in:

Aguirre Antonio A (1970) Genetische Phänomenologie und Reduktion: Zur Letztbegründung der Wissenschaft aus der radikalen Skepsis im Denken E. Husserls. Den Haag, Nijhoff.

Seiten: 3-30

DOI: 10.1007/978-94-010-3234-6_1

Referenz:

Aguirre Antonio A (1970) Natürliche und phänomenologische Einstellung, In: Genetische Phänomenologie und Reduktion, Den Haag, Nijhoff, 3–30.