Buch | Kapitel
Normative Praxis
konstitutions- und konstruktionsanalytische Grundlagen
pp. 263-272
Abstrakt
Talcott Parsons gründet seine funktionale Handlungstheorie in Anschluss an Émile Durkheim auf die Annahme, dass kulturelle Werte und Normen ein internalisiertes System von Symbolen bilden, das von allen Gesellschaftsmitgliedern geteilt wird und ebenso den Verlauf wie den Sinn und die Legitimation von Handlungen steuere. Alfred Schütz konterte diese Auffassung von Parsons zu ›normativen Werten‹ bekannterweise mit dem Hinweis, es gebe keine Norm, die nicht in Bestandteile oder Mittel zerlegt und auch Gegenstand der subjektiven Wahl zwischen Realisieren oder Verwerfen werden kann (Schütz & Parsons 1977: 47). Ebenfalls im Gegensatz zu Parsons Annahme, dass Gesellschaft auf Normativität gründet, und nun mit Blick auf die soziohistorische Dimension, führt (1987) die These des Funktionsverlustes der universalen Moral an, wonach moderne, hochdifferenzierte Gesellschaften gerade das Auseinandertreten divergierender Gruppen- und Sondermoralen verkraften müssen (vgl. Bergmann & Luckmann 1999: 33). Wenn dies zutrifft, kann sich eine moderne Gesellschaft freilich nicht auf einer streng eindimensionalen ›Generalmoral‹ gründen, obwohl normative gesellschaftliche Faktoren, wenn sie effektiv funktionieren, eine relativ spontane soziale Ordnung garantieren.
Publication details
Published in:
Pfadenhauer Michaela, Stegmaier Peter, Dreher Jochen (2008) Phänomenologie und Soziologie: theoretische Positionen, aktuelle Problemfelder und empirische Umsetzungen. Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften.
Seiten: 263-272
DOI: 10.1007/978-3-531-91037-6_23
Referenz:
Stegmaier Peter (2008) Normative Praxis: konstitutions- und konstruktionsanalytische Grundlagen, In: Phänomenologie und Soziologie, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften, 263–272.