Deutsche Gesellschaft
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218430

Die Ideologische Gleichschaltung

Wolfgang SauerGerhard SchulzKarl Dietrich Bracher

pp. 261-368

Abstrakt

Die Erscheinung des modernen Totalitarismus unterscheidet sich, so fließend die Trennungslinien im einzelnen sein mögen, von den .Formen der klassischen Diktatur besonders durch den Anspruch, auch die geistigen und psychischen Triebkräfte der Beherrschten so vollständig nach einem einheitlichen Schema zu erfassen, zu lenken und zu formen, daß der politische Terror durch die ideologische "Ausrichtung", der äußere Zwang durch die innere Zustimmung der Untertanen gestützt und zugleich überhöht wird. Mit seiner Machtergreifung hat der Nationalsozialismus auch die bislang vieldeutigen, oft widersprüchlichen und durchaus eklektischen Ansätze einer neuen "Weltanschauung" in diesem Sinne zusammenzufassen und für die Vollendung einer totalen, alle Lebensgebiete ergreifenden Gleichschaltung einzusetzen gesucht. Neben dem Leitbild eines imperialistisch fundierten Nationalismus war es von allem die Rassendoktrin, die, besonders ausgeprägt in Theorie und Praxis des Antisemitismus, schon die frühen Stufen nationalsozialistischer Machtentfaltung begleitet und — als Kernbestand nationalsozialistischer "Weltanschauung" — untermauert hat. Diesem Vorgang eng verbunden und zugleich darüber hinausführend sind mit der Reglementierung des gedruckten wie gesprochenen Wortes und mit der Gleichschaltung des Erziehungswesens die klassischen Mittel jeder Zwangsherrschaft in einem bisher nur der sowjetischen Herrschaftspolitik vergleichbaren Maße eingesetzt worden.

Publication details

Published in:

Bracher Karl Dietrich, Sauer Wolfgang, Schulz Gerhard (1960) Die nationalsozialistische Machtergreifung: Studien zur Errichtung des totalitären Herrschaftssystems in Deutschland 1933/34. Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften.

Seiten: 261-368

DOI: 10.1007/978-3-322-96204-1_6

Referenz:

Sauer Wolfgang, Schulz Gerhard, Bracher Karl Dietrich (1960) Die Ideologische Gleichschaltung, In: Die nationalsozialistische Machtergreifung, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften, 261–368.