Machtergreifung und Staatsumwälzung
pp. 371-459
Abstrakt
Unter den Merkmalen, die Struktur und Begriff des totalen Staates bestimmen, erlangt im historischen Zusammenhang die epochale Distanz zum liberalen Rechtsstaat zentrale Bedeutung. Das Gegenbild wurde mit Ausdrücken wie "Führung" und "Ordnung" umschrieben und enthielt die Vorstellung stabilster sozialer Verhältnisse unter einer autoritären Obrigkeit, dazu bestimmt, den dynamischen Gang der industrialisierten und liberalisierten Gesellschaft in ein festes, technisch zu handhabendes System zu bannen. Es ist bezeichnend, daß der Ausdruck "autoritär" unter den höchsten Positionen der politischen Wertungsskala rangierte.1 Schon für Beginn und Entstehung gilt in vollem Umfang der Satz: "Totaler Staat ist die Entgegensetzung gegen den liberalen Staat."2 Seine Entwicklung gleicht einem Rückzug der fortschrittlich organisierten Gesellschaft, die in der Umkehr ihre öffentlichen Institutionen Zug um Zug wie errungene, jedoch verlassene Positionen preisgibt, so daß der Versuch, das Bekanntgewordene dieses Vorganges aufzuzeichnen, wohl einem zeitgeschichtlichen Register ähneln könnte, das fortlaufend Wandlungen und Verluste verzeichnet.
Publication details
Published in:
Bracher Karl Dietrich, Sauer Wolfgang, Schulz Gerhard (1960) Die nationalsozialistische Machtergreifung: Studien zur Errichtung des totalitären Herrschaftssystems in Deutschland 1933/34. Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften.
Seiten: 371-459
DOI: 10.1007/978-3-322-96204-1_7
Referenz:
Sauer Wolfgang, Schulz Gerhard, Bracher Karl Dietrich (1960) Machtergreifung und Staatsumwälzung, In: Die nationalsozialistische Machtergreifung, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften, 371–459.