Buch | Kapitel
Theorie und Geschichte der Menschenwissenschaften
pp. 35-47
Abstrakt
„Für mich ist die Soziologie ein Unterfangen, bei dem die Hauptaufgabe darin besteht, uns zu helfen, uns in dieser unseren sozialen Welt besser zu orientieren — uns besser zu orientieren, als wir gegenwärtig dazu in der Lage sind, und dementsprechend zu helfen, auch weniger blind zu handeln. Das gilt für die empirische wie für die theoretische Ebene“ (Goudsblom-Gespräch 1970/2005, 100). Menschen, so Elias, sind so eng in ihre jeweiligen Beziehungen und Zwänge unterschiedlichster Art verflochten, dass es ihnen kaum gelingt, Distanz zu dem herzustellen, was gerade geschieht. Als Alltagsmenschen, so Elias, sind wir häufig ‚blind’ für die wirklichen Zusammenhänge und langfristigen Entwicklungen, deren Teil wir sind. Diese Metapher, das Blindsein, findet sich in vielen wissenschaftstheoretischen Ausführungen von Elias als Gegenbild zum soziologischen Denken (s. vor allem Zitate dieses Kapitels). Um im Bild zu bleiben: Als Soziologin und Soziologe sieht man mehr, ist man weniger gefangen in seinen Urteilen und in seinem unhinterfragten Wissen. Man gelangt dann zu einer größeren Autonomie, wenn man sich von den Festlegungen anderer, vermeintlich oder tatsächlich machtstärkerer Wissenschaften nicht einschüchtern und sich von seinen eigenen politischen Wünschen und persönlichen Interessen nicht ablenken lässt.
Publication details
Published in:
Treibel Annette (2008) Die Soziologie von Norbert Elias: eine Einführung in ihre Geschichte, Systematik und Perspektiven. Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften.
Seiten: 35-47
DOI: 10.1007/978-3-531-91171-7_3
Referenz:
Treibel Annette (2008) Theorie und Geschichte der Menschenwissenschaften, In: Die Soziologie von Norbert Elias, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften, 35–47.